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Hundebegegnungen

 

Häufig habe ich Anfragen von Hundebesitzern, deren Hunde Schwierigkeiten beim Kontakt mit Artgenossen haben. In den meisten Fällen reagieren diese Hunde entweder beim direkten Kontakt oder schon im Vorfeld abwehrend auf andere.

Wenn wir dann zusammen spazieren gehen und ich mir das Verhalten dieser Hunde anschaue, fällt mir auf den Hundeauslaufflächen allerdings häufig eines auf: Viele der dort frei auf uns zukommenden Hunde sind erschreckend distanzlos und haben offenbar nicht gelernt, anderen Hunden auf höfliche Weise zu begegnen. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass der Hund meiner Kunden bereits im Vorfeld abwehrend reagiert und keine Lust auf solche Begegnungen hat.

Hunde, die gerne erst einmal mit ein paar Zentimetern Abstand ihr Gegenüber erschnuppern möchten, empfinden es verständlicherweise als belastend, wenn ihnen jeder Hund, der ihnen entgegenkommt, sofort ins Gesicht springt. Und je kleiner der so überrumpelte Hund ist, desto erschreckender sind solche Erfahrungen für ihn. Da hilft es ihm gar nichts, dass das Gegenüber „nur spielen“ will, denn auch ein spielerisch gemeintes Überrennen eines fremden Hundes ist letzten Endes nichts anderes als eine extrem unhöfliche und distanzlose Begegnung. Ein solches Verhalten gehört sich einfach nicht.

Wie kommt es nun, dass es scheinbar immer mehr Hunde gibt, die nicht in der Lage sind, anderen auf respektvolle Weise zu begegnen? Hängt dies möglicherweise mit dem heutzutage weit verbreiteten Besuch von Welpenspielgruppen zusammen?

Eine Welpenspielgruppe kann eine tolle Sache sein, insofern sie gut geleitet ist. Wer eine Welpenspielgruppe beaufsichtigt, trägt eine riesengroße Verantwortung auf seinen Schultern, denn der Besuch einer schlecht geführten Welpengruppe kann das Sozialverhalten eines Hundes für die gesamte Dauer seines Lebens negativ beeinflussen. Es ist daher unfassbar leichtsinnig, dass Welpengruppen in manchen Hundeschulen und -vereinen ausgerechnet von den unerfahrenen Trainerneulingen, Praktikanten oder Aushilfen ohne Basisausbildung geleitet werden.

In einer Welpenspielgruppe geht es nicht darum, die Hunde einfach nur miteinander spielen zu lassen, sondern es ist wichtig, dass der Trainer das Verhalten der Welpen beobachtet und gegebenenfalls besonders schüchterne Hunde unterstützt und besonders rüpelige Hunde ausbremst. Und auch deren Besitzern zeigt, wie das geht. Einfühlungsvermögen und Erfahrung sind notwendig, um das auf gute und richtige Weise tun zu können. Der Trainer muss sich mit dem Ausdrucksverhalten von Hunden auskennen und ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt zum Eingreifen haben. Passiert dies nicht, dann kommt es oft vor, dass kleine und schüchterne Welpen in solchen Gruppen permanent gemobbt werden und starke Welpen lernen, dass es Spaß macht, Schwächere unterzubuttern und über den Haufen zu rennen.

Hinzu kommt noch, dass die Welpen in diesen Spielgruppen nicht lernen, wie man sich vorsichtig einem Hund nähert, der gar nicht in Spielstimmung ist. Denn in der Gruppe kommen solche Begegnungen nicht vor, dort heißt es: Leinen los und spielen. Das so wichtige Begegnungsritual, das auf dem Spaziergang dem Spiel vorausgeht, fällt hier komplett aus. Kein Wunder also, dass die jungen Hunde glauben, es liefe auch im wirklichen Leben immer genauso ab und sie könnten auf jeden Hund, der ihnen begegnet, in Spiellaune zustürmen. Denn so ist es ja in der Welpengruppe auch immer gewesen.

Es ist daher sehr wichtig, dass man außerhalb dieser Spielgruppen seinen Welpen auch immer mal wieder in alltäglichen Situationen mit freundlichen erwachsenen Hunden zusammenkommen lässt, damit er lernt, dass er zu Beginn einer Begegnung vorsichtig sein muss und dass nicht jede Hundebegegnung auf ein Spiel hinausläuft. Dadurch schützt man nicht nur andere Hunde, die vor dem eigenen heranstürmenden Hund Angst bekommen könnten, sondern man hilft auch dem eigenen Hund, sich als Heranwachsender besser an neue Situationen und verschiedene Hunde anpassen zu können. Er wird dadurch in seinem späteren Leben viel mehr Möglichkeiten haben, durch sein eigenes Verhalten Konflikte mit anderen Hunden zu vermeiden und so immer souveräner und gelassener bei Hundebegegnungen auch schwierige Situationen meistern.

(Inga Jung, Juli 2014)