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Auseinandersetzung mit dem Altwerden

 

Lebt man mit einem Hund zusammen und verbringt tagein, tagaus seine Zeit mit ihm, dann merkt man manchmal gar nicht, wie die Jahre vergehen. Man selbst nimmt es kaum wahr, die Zeit verfliegt nur so, und für uns sind drei Jahre ja auch kein großer Unterschied. Für den Hund aber kann die Zeitspanne zwischen dem siebten und dem zehnten Lebensjahr eine Menge Veränderungen beinhalten.

Es ist wichtig, dass wir das nicht übersehen, dass wir schon erste Zeichen wahrnehmen und darauf reagieren, um einerseits einen zu schnellen körperlichen Abbau durch entsprechende Gegenmaßnahmen zu bremsen, andererseits aber auch den Hund nicht zu überfordern. Denn wenn ein Hund durch altersbedingte Veränderungen eingeschränkt ist, kann die früher so alltägliche Joggingrunde mit uns für ihn irgendwann zu viel sein. Da er es seinem Menschen aber immer recht machen will, wird er das vielleicht nicht so deutlich zeigen. Hier muss man genau hinschauen.

Veränderungen sind manchmal so schleichend, dass man sie kaum mitbekommt. Im Laufe der Zeit wird der Hund immer ruhiger, und man gewöhnt sich daran und nimmt es hin. Hinter einer so auffälligen Veränderung kann aber eine ernste Krankheit stecken. Nur wenn man offen damit umgeht und nicht alles nur auf das Älterwerden schiebt, hat man die Chance, Krankheiten rechtzeitig zu erkennen und beispielsweise zu sehen, dass das große Ruhebedürfnis des Hundes auf Schmerzen zurückzuführen ist und dass er nach der Behandlung der Ursachen auf einmal wieder spielt wie ein junger Hund. Das kommt öfter vor als man denkt, und solche Eventualitäten sollte man immer bedenken.

Wenn der eigene Hund langsam älter wird, betrachtet man ihn zunehmend mit anderen Augen. Er ist im Vergleich zu früher schwächer und anfälliger, hat schon einige Krankheiten hinter sich. Man ist jeden Tag besorgt, ob es ihm gut geht oder ob ihm vielleicht irgendetwas wehtut. Man schaut genauer hin und registriert jedes Schwanken, jedes Seufzen, jeden traurigen Blick, aber auch jedes Aufflackern von Freude und Begeisterung.

Früher, als er noch jung und fit war, war es ganz normal, dass er ab und zu „seine fünf Minuten“ bekam und wie verrückt herumrannte und tobte. Das kommt inzwischen selten vor. Aber wenn es mal wieder so ist und er auf einmal wie ein junger Hund zu toben beginnt, dann geht einem so richtig das Herz auf. Man wird von einem unbeschreiblichen Glücksgefühl durchflutet. Den alten Kumpel, mit dem man schon so viel erlebt hat, so fröhlich und unbeschwert zu sehen, das ist die größte Belohnung für all die Sorgen, die Operationen, die Stunden beim Tierarzt, in denen es ihm nicht gut ging. Denn das zeigt doch, dass er immer noch genug Kraft und Freude am Leben hat und sich nicht unterkriegen lässt. Dass es ihm trotz des Alters gut geht und er weiterhin Spaß haben will.

Altwerden ist nicht schön, auch für einen Hund nicht. Er merkt, wie seine Kräfte schwinden und dass er sich gegen jüngere Hunde nicht mehr so wie früher behaupten kann. Er merkt, dass ihm schneller kalt wird und dass er vieles, was ihm früher leichtfiel, nicht mehr schafft. Er kann vielleicht schlechter sehen und hören als früher, und das verunsichert ihn. Mit Veränderungen kommt er schlechter klar, eine Urlaubsreise wird für ihn zur Qual, er braucht seine gewohnte Umgebung und seine Strukturen. Wenn unser Hund alt wird, müssen wir wieder mehr für ihn da sein, bei ihm sein. Es ist eigentlich wie mit einem Welpen, er braucht einfach seine Menschen, er kommt nicht mehr so gut alleine klar.

Man muss sich auch darauf einstellen, dass ein alter Hund teurer wird, denn er wird schneller krank. Er muss eventuell öfter zum Tierarzt, und wenn man Pech hat, sind die Behandlungen langwierig und teuer. Er braucht vielleicht auch ein Spezialfutter. Wer nicht viel Geld hat, sollte diese Zeit vorausplanen und bereits anfangen zu sparen, solange der Hund noch jung und fit ist. Denn Krankheiten kommen oft sehr plötzlich, und es kann gut sein, dass dann innerhalb weniger Monate über tausend Euro investiert werden müssen, damit der Hund eine gute Behandlung erhält.

Hat man viele Jahre mit seinem Hund in enger Gemeinschaft verbracht, dann ist man aber gern bereit, für ihn Opfer zu bringen. Er ist schließlich ein Familienmitglied und ein guter Freund. Und ich bin sicher, dass es keineswegs vermenschlichend ist zu behaupten: Wäre es andersherum und wäre ich diejenige, die alt und gebrechlich wird, dann würde er auch nicht von meiner Seite weichen und alles versuchen, um mir zu helfen. Denn wir gehören einfach zusammen.

(Inga Jung, Oktober 2014)