Es ist wieder so weit: Der Jahreswechsel steht vor der Tür. Für viele Hunde ist die Zeit um Silvester ein einziger Horrortrip. Das Feuerwerk, das von uns Menschen als schön empfunden wird, jagt den meisten Hunden eine wahnsinnige Angst ein.
Was können wir tun, um unseren Hunden zu helfen? Wie immer ist auch hier Vorbeugung das Allerwichtigste: Zieht ein Welpe bei euch ein, dann sollte er schon mehrere Monate vor Silvester mithilfe einer Geräusch-CD mit den typischen Knall- und Pfeifgeräuschen der Raketen und Böller vertraut gemacht werden. Dabei spielt ihr die CD anfangs extrem leise (wirklich kaum hörbar) ab, während ihr mit dem Hund spielt, und steigert dann im Laufe der Wochen langsam die Lautstärke. Das Spiel beim Hören der CD dient nicht etwa der Ablenkung, sondern der kleine Hund soll die Geräusche mit positiven Empfindungen und Spaß verbinden. Und er soll lernen, dass es schön ist, beim Hören dieser Geräusche bei seinem Menschen zu sein.
Spiel ist enorm wichtig, wenn man es mit Angstauslösern zu tun hat, denn wer spielt, der kann nicht gleichzeitig Angst haben. Angst und Spiel hemmen sich gegenseitig und können nicht gemeinsam auftreten. Wer spielt, hat keine Angst. Wer Angst hat, kann nicht spielen. Das ist ein Gesetz. Als Umkehrschluss können wir uns merken: Schafft ihr es, euren Hund zu einem Spiel zu motivieren, dann habt ihr eine gute Chance, dass keine Angst entsteht.
Dies können wir auch direkt an Silvester anwenden. Während es um Mitternacht draußen knallt und pfeift, spiele ich jedes Jahr im Wohnzimmer mit meinen Hunden Spiele wie „Lauf dem kullernden Leckerchen hinterher“ oder übe einfache Tricks wie Pfötchengeben, die ihnen Spaß machen. Denn Spaß und Angst, das geht nicht gleichzeitig.
Damit eure Hunde sich überhaupt so weit entspannen können, ist es wichtig, dass ihr an Silvester alle Rollos oder Vorhänge zuzieht und dass keine Stille im Haus herrscht. Hintergrundmusik oder der laufende Fernseher lassen die Geräusche draußen nicht mehr ganz so hervortreten und die Hunde weniger danach lauschen.
Verzichtet bitte eurem Hund zuliebe darauf, um Mitternacht aufgeregt nach draußen zu stürmen. Denn eure Aufregung vermittelt eurem Hund nur eines: Es passiert etwas. Und die Tatsache, dass daraufhin die laute Knallerei losgeht, verstärkt den Eindruck, dass etwas Schlimmes passiert.
Bleibt ihr – oder zumindest doch die Hauptbezugsperson des Hundes – aber drinnen, als sei gar nichts los, bleibt innerlich ganz ruhig und entspannt und spielt ein bisschen mit dem Hund, dann wird er viel eher ebenfalls ruhig bleiben und sich weniger aufregen.
Dass man einen Hund an Silvester keinesfalls allein lassen, in eine fremde Umgebung und zu ihm fremden Menschen in Betreuung geben oder draußen frei laufen lassen darf, sollte bekannt sein, das will ich daher nicht extra ausführlicher besprechen.
Was aber macht man, wenn man einen Hund hat, bei dem all diese Tipps zu spät kommen und der bereits Tage vor Silvester in Panik gerät und völlig durchdreht? Es gibt Hunde, die zum Jahreswechsel vor Angst so kopflos werden, dass sie versuchen, durch geschlossene Fenster zu springen.
In dem Fall ist es angeraten, dem Hund durch Medikamente – sei es pflanzlich, homöopathisch oder schulmedizinisch – zu helfen. Je nach Stärke der Angst gibt es hier unterschiedliche Mittel. Ich selbst würde immer Naturheilmittel vorziehen, in manchen Fällen sind aber wirklich stärkere Medikamente angebracht.
Hier kommen dann oft Tranquilizer zum Einsatz. Seid bitte vorsichtig mit solchen Medikamenten. Da sie schnell süchtig machen, dürfen sie nie länger als ein paar Tage eingesetzt werden, und auch immer nur nach Rücksprache mit dem Tierarzt. Nehmt zudem an Silvester auf gar keinen Fall Medikamente, die auf dem Wirkstoff Acepromazin beruhen (Vetranquil oder Sedalin z.B.), denn diese Medikamente stellen den Hund zwar ruhig, machen ihn aber gleichzeitig geräuschempfindlicher. Das heißt, die Knallerei rund um Mitternacht wird für ihn dadurch noch qualvoller als ohnehin schon, und eine allgemeine Geräuschangst kann sich nachhaltig verstärken. Leider wissen das manche Tierärzte nicht, denn ich höre immer wieder, dass diese Medikamente für Silvester empfohlen werden.
Und nun noch kurz zum Umgang mit der Angst. Nehmen wir an, euer Hund erschreckt sich vor einem Knall draußen und kommt mit ängstlichem Ausdruck zu euch. Wie verhaltet ihr euch richtig?:
Bietet ihm Schutz an! Lasst euren Hund Körperkontakt aufnehmen, legt ihm die Hand auf das Fell, krault ihn. Seid bewusst entspannt und ruhig, euer Hund wird diese Stimmung wahrnehmen und sich selbst auch ein bisschen beruhigen.
Was ihr nicht tun solltet: hektisch und nervös werden, den Hund umarmen, zwangskuscheln oder anderweitig bedrängen. Schutz anzubieten bedeutet nicht einzuengen, sondern dem Hund die Wahl zu lassen.
Was ihr ebenfalls nicht tun solltet (und ja, ich weiß, das wird immer noch überall empfohlen): den Hund ignorieren. Ihn zu ignorieren signalisiert dem Hund, dass ihr ihn mit seinem Problem alleine lasst. Und das ist nicht gerade vertrauensbildend.
Seid für euren Hund da, seid seine Sicherheitszone. Seid entspannt und ruhig und spendet Trost. Solange euer Hund sich nicht eingeengt fühlt, ist streicheln und kraulen erlaubt. Wenn er Unwohlsein dabei signalisiert, dann lasst ihn einfach nur bei euch sein. Aber lasst ihn bitte nicht allein mit seiner Angst.
Ich wünsche euch und euren Hunden schöne Weihnachtstage und einen möglichst stressfreien Jahreswechsel!
(Inga Jung, Dezember 2013)